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Zodiac / Navarone - Sputnikhalle Münster - 02.11.2013

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Aus allen Nähten drohte die kleine Halle des Sputnik vor erst rund einem Jahr zu platzen, als ZODIAC zum Tanz aufspielten. Nun füllt sich nebenan die große Halle anlässlich der Record Release Show zum zweiten Album bereits ansehnlich. Das mag nicht zuletzt an der Erfolgskurve der Münsteraner Band liegen, die derweil steil nach oben zeigt, so dass Gitarrist Stephan Gall für seine Überraschung um Worte ringt, als ich ihm zum Soundcheck-Sieg im Rock Hard gratuliere. Bei aller Bescheidenheit: die Band hat im letzten Jahr nicht nur verdammt viel live gespielt, sondern für “A Hiding Place” etliche Möglichkeiten weitgehend ausgeschöpft, um erneut mit leidenschaftlicher Darbietung, guter Laune und auch einem Funken Humor die Hörer beim Schopfe zu packen.

Im Vorprogramm der Spiritual Beggars wurde im Frühjahr nicht nur ein Konzert-Mitschnitt für den legendären Rockpalast gefilmt, sondern die Jungs bewarben sich im Interview gleich noch als Vorzeige-Schwiegersöhne für jene Eltern-Generation, die eben noch mit „guter, alter Rock-Musik“ aufgewachsen ist und selbiger immer noch anhängt. Somit finden sich heute im weiten Rund neben zahlreichen jungen Menschen auch Herrschaften ein, denen zuzutrauen ist, dass sie Pink Floyd zu besten Zeiten live gesehen haben. Mehr als erstaunlich: einige von ihnen singen nahezu das ganze Konzert mit!

Doch zunächst besteigen die Niederländer NAVARONE zum ersten Mal eine deutsche Bühne und zeigen dabei keinerlei Berührungsängste. Nach einem Gilmour-Gitarren-Intro lässt es das Quintett um den markanten Sänger Merijn van Haren ordentlich krachen, ohne sich stilistisch festzulegen. Es spricht für die enormen Qualitäten der Band, dass sie das größtenteils gut aufgelegte Publikum trotz Unkenntnis der abwechslungsreichen Songs schnell auf ihre Seite ziehen kann. Egal ob Classic Rock, psychedelisch angehauchte Stoner-Klänge oder cooler Massive-Attack-meets-Alice-in-Chains-Crossover: NAVARONE besticht mit fettem Groove, stark gesetzten Kontrasten und einer sympathischen Ausstrahlung, der Sänger Merijn van Haren mit einigen bemerkenswert langen Schreien etwas sehr Kraftvolles verleiht. Wenn sich die Jungs noch auf einen eigenen Stil einigen, werden wir wohl noch Spannendes von ihnen hören.

Bei ihrem Heimspiel, welches gleichzeitig das zweite Konzert der ersten Tournee zum neuen Album markiert, steigen ZODIAC passend mit ihrer lässigen Single-Auskopplung „Downtown“ ein, die einige vom dazugehörigen Video bestens zu kennen scheinen. Mit „Free“ folgt eine weitere lässige Nummer von „A Hiding Place“, bevor mit „Horror Vision“ zum ersten Mal ein „Klassiker“ gespielt wird, was vor der Bühne die gute Stimmung steigen lässt. ZODIAC sind mittlerweile enorm tight, suchen den Kontakt zum Publikum deutlich mehr als noch vor anderthalb Jahren, haben einfach starke Songs auf Lager, und eben auch den nette-Jungs-von-nebenan-Appeal. Der kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Nick van Delft stimmlich noch ein wenig an Reibeisen hinzugewonnen hat und Ruben Claro an Bass und Gesang mittlerweile ziemlich selbstbewusst auftritt. Ergänzt wird das eingespielte Quartett mit Stephan Gall an der Rhythmusgitarre und Janosch Rathmer am Schlagzeug durch einen bzw. heute Abend sogar zwei Keyboarder, denn bei „Leave Me Blind“ wird der Co-Komponist des Songs, Florian Steppke, auf die Bühne gerufen, und darf in die Tasten greifen. Der andere, mir namentlich bislang unbekannte Live-Keyboarder hat den Rock sowas von im Blut, dass es nicht nur eine Freude ist, ihm beim Spielen zuzuschauen, sondern es wertet die Musik noch einmal um einige psychedelische Nuancen auf – stark, was der Mann an der Beinahe-Schweineorgel da abzieht! Interessant auch, wie die Songs auf der Bühne ihr Eigenleben entwickeln: heute geht vor allem „Diamond Shoes“ vom Debut geschmeidig ins Ohr, was mir bislang eher weniger gut gefiel. Nach dem melancholisch-nachdenklichen „Leave Me Blind“, das langsam, jedoch mit Nachdruck aufgebaut wird, entpuppen sich im weiteren Verlauf „Moonshine“ und „Believer“ vom neuen Album als besonders eingängig. „A Bit Of Devil“ wird lautstark von der freudigen Menge vor der Bühne aufgenommen, der anschließende Kniefall vor Neil Young wird mit einer würde- und kraftvollen Interpretation von „Cortez (the Killer)“ vollzogen, und die Band entschwindet glücklich von der Bühne.

Als erste Zugabe haut – in Münster sehr passend – „Coming Home“ die Faust behutsam aufs Auge, wobei der im Publikum getätigte Scorpions-Vergleich angesichts von Wunderkerzen ein wenig weit hergeholt ist – so harmlos klingen ZODIAC dann doch (noch) nicht. Feierabend ist erst nach dem ZZ-Top-Cover „Blue Jean Blues“, das ein gelungenes Konzert beschließt. Ob ZODIAC allen hoffnungsvollen Zuschreibungen als „die“ aufstrebende Rock-Band aus deutschen Landen gerecht wird, mögen die nächsten Jahre zeigen. Drummer Janosch ist es immerhin zuzutrauen, dass er seinen Vorderleuten nötigenfalls in die Ärsche tritt, bevor ihr rundherum nettes Erscheinungsbild auf eine zu softe Musik abfärbt.

Thor Joakimsson (Info)

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